Samstag, 4. Juni 2011

Die Essenz der Bhagavad Gita


Eine fortlaufende Prosa-Übersetzung von 42 Verse aus der Bhagavad Gita, die Ramana Maharshi für jene, die an der Selbstergründung interessiert sind, ausgewählt und neu geordnet hat. In diesen Versen zeigt Bhagavan dem Sucher auf, was und mit welchen Mitteln er suchen muss.

Eine Übersetzung von Miles Wrights Übertragung aus dem Sanskrit.

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Sanjaya (der Erzähler):
Madhusudana1 (Sri Bhagavan/Krishna) sprach folgende Worte zu Arjuna, der niedergeschlagen und mit verstörten und tränennassen Augen von Mitgefühl überwältigt war.

Sri Bhagavan (Krishna) sagte:
»Dieser Körper, oh Sohn von Kunti2, nennt man ›das Feld‹ (Kshetra)3. Die Weisen nennen einen, der dieses Kshetra kennt ›den Kenner des Feldes‹. Wisse zudem, dass ›Ich‹ der Kenner des Feldes in allen Feldern bin. Ich erachte das Wissen über das Feld und denjenigen, der es erkennt, als die eigentliche Erkenntnis. Ich bin das Selbst, o Gudakesa, das im Herzen aller Lebewesen wohnt. Ich bin der Anfang, die Mitte und auch das Ende aller Lebewesen. Denn für das Geborene ist der Tod gewiss und für das Gestorbene die Geburt. Deshalb sollst du dich über das Unvermeidliche nicht betrüben. Er wurde weder geboren, noch stirbt Er. Da Er immer schon existiert, wird Er auch nicht wieder zu existieren aufhören. Ungeboren, ewig und unvergänglich ist das Selbst, das Uralte. Es wird nicht getötet, wenn der Körper getötet wird.

Dieses Selbst kann nicht zerschnitten werden. Dieses Selbst kann nicht verbrannt werden. Dieses Selbst kann nicht nass werden. Dieses Selbst kann nicht verdorren. Es ist ewig, allgegenwärtig, dauerhaft, unbeweglich und immerwährend. Wisse, dass DAS [das Selbst], von dem alles durchdrungen wird, tatsächlich unvergänglich ist. Niemand kann das Unwandelbare zerstören. Das Unwirkliche wird nie für wirklich gehalten. Das Wirkliche wird nie für unwirklich gehalten. Die endgültige Wahrheit über diese beiden [Tatsachen] wurde von den Sehern der Wahrheit erkannt. Wie der allgegenwärtige Äther nicht befleckt werden kann, weil er nicht greifbar ist, so bleibt auch das Selbst in jedem Fall unbefleckt, obwohl es im Körper seine Wohnstatt hat. Es wird weder von der Sonne noch vom Mond noch vom Feuer erhellt.

Jene, die ins Nicht-Manifeste eingegangen sind, kehren nie wieder zurück. Es ist Meine höchste Wohnstatt. Dieses Nicht-Manifeste [Wohnstatt] nennt man das Unvergängliche (OM). Man nennt es das höchste Ziel. Wenn sie es einmal erlangt haben, kehren sie nie wieder zurück. Es ist Meine höchste Wohnstatt.

Jene, die frei von Stolz und Täuschung sind, die die schädlichen Auswirkungen der Anhaftung überwunden haben, die immer im Selbst verweilen, die am Ende der Wünsche und von den Gegensätzen wie Freude und Leid befreit sind, jene, die sich nicht irreführen lassen, erlangen diese ewige Heimat.

Doch derjenige, der die Anweisungen der Schriften missachtet und stattdessen den Impulsen seiner Wünsche folgt, erlangt weder die Vollendung noch Glück noch den Höchsten Pfad [der Selbstergründung]. Jener, der erkennt, dass der Höchste Herr in allen Lebewesen gleichermaßen wohnt, das Unvergängliche im Vergänglichen, ist jener, der wahrhaft sehend ist. Nur durch ungeteilte Hingabe kann man mich so erkennen und sehen, wie ich wirklich bin, oh Arjuna, und tatsächlich in mich eingehen.

Das Vertrauen eines jeden Menschen entspricht seiner Sinnesart [sei sie sattva (rein), rajas (leidenschaftlich), tamas (träge) usw.] Der Mensch besteht aus Vertrauen. Wie sein Vertrauen, so ist auch er. Der vertrauensvolle Mensch, der allein mit DEM beschäftigt ist, der seine Sinne unter Kontrolle hat, erlangt die Erkenntnis (Jnana). Hat er einmal Erkenntnis erlangt, findet er bald den höchsten Frieden. Jenen, die Mich beständig mit Hingabe verehren, gebe ich den Yoga des Verstandes (die Selbstergründung, s. Gespräch 112), durch den sie zu Mir kommen. Aus Mitleid mit ihnen vertreibe Ich, der Ich in ihrem Selbst weile, ihre aus Unkenntnis entstandene Unwissenheit mit der leuchtenden Lampe der Erkenntnis. Bei jenen, deren Unwissenheit durch die Erkenntnis des Selbst vernichtet worden ist, offenbart diese Erkenntnis wie die Sonne das Höchste in ihnen.

Es heißt, dass die Sinne machtvoll sind. Über den Sinnen steht das Denken. Über dem Denken steht der Verstand. Aber noch höher als der Verstand steht Er, das Selbst von allen. Wenn du somit erkennst, dass Er (das Selbst) über dem Verstand steht und dich selbst im Selbst gefestigt hast, dann töte den schlüpfrigen Feind (ahamkaram, das Ego), der so schwer zu finden ist. So wie ein loderndes Feuer Brennstoff zu Asche verbrennt, so verbrennt das Feuer der Erkenntnis alle Handlungen zu Asche. Jenen, dessen Unternehmungen frei vom Wunsch nach Ergebnissen sind und dessen Handlungen völlig vom Feuer der Erkenntnis verzehrt worden sind, nennen die Erkennenden einen ›Weisen‹. Das Eintauchen ins Selbst ist hier und jetzt jenen zugesichert, die sich bemüht und ihre Gedanken kontrolliert haben, die sich von Ärger und materiellen Wünschen befreit und das Selbst verwirklicht haben.

Allmählich sollte man vom Handeln ablassen. Indem man den Verstand eisern festhält und den Geist einzig im Selbst ruhen lässt, sollte man sein Denken auf nichts richten. Sooft der unruhige und unstete Geist nach außen wandert, sollte man ihn wieder zurückziehen, ihn unterwerfen und ihn einzig im Selbst ruhen lassen. [Somit] ist der Weise, der seine Sinne, seinen Geist und Verstand unter Kontrolle hat und dessen einziges Ziel die Befreiung ist, der frei ist von Wunsch, Angst und Zorn, tatsächlich befreit. Der Selbstverwirklichte sieht das Selbst in allen Geschöpfen und alle Geschöpfe im Selbst. Er betrachtet alles unvoreingenommen. (s. Gespräch 319). Ich biete jenen Menschen Sicherheit und Wohlergehen, die Mich mit beständiger Entschlossenheit verehren, ohne an etwas anderes zu denken.

Von ihnen ist der Weise der Hervorragendste, der seine Aufmerksamkeit immer auf das Eine richtet und ihm ergeben ist, denn Ich bin dem Weisen überaus lieb und er ist Mir überaus lieb. Am Ende vieler Geburten nimmt der Weise in Mir seine Zuflucht. Er weiß: ›Vasudeva [Bhagavan, Krishna] ist das Selbst, das allem innewohnt.‹ Solch eine große Seele ist tatsächlich schwer zu finden.

Wenn jemand alle Wunschobjekte, die ständig den Geist durchfluten, aufgibt und allein im Selbst durch das Selbst zufrieden ist, dann bezeichnet man ihn als einen, der ›in der Weisheit gefestigt‹ ist. Jener, der alle Wunschobjekte aufgibt, frei von Verlangen und ohne das Gefühl von ›Ich‹ und ›mein‹ umherwandert, der erlangt den Frieden. Jener, der weder die Welt verstimmt, noch von ihr verstimmt wird, der befreit ist von Freude und Ärger, Sorge und Angst, der ist Mir lieb. Wer derselbe ist in Ehre und Schande, für Freund und Feind und alles persönliche Bestreben aufgegeben hat, von dem sagt man, dass er die Gunas4 überwunden hat.

Wer sich allein im Selbst erfreut, ist mit dem Selbst völlig gesättigt und im Selbst allein zufrieden. Für ihn gibt es nichts zu tun. Für ihn gibt es nichts, das er durch Handeln in dieser Welt erlangen müsste, noch gibt es etwas, das nicht getan werden müsste, noch ist er wegen irgendetwas von jemandem abhängig. Zufrieden mit dem, was immer die Gnade bringen mag, frei von den Gegensätzen, frei von Neid, gleich in Erfolg und Misserfolg ist er nie gebunden, obwohl er handelt.

Der Herr wohnt im Herzen aller Lebewesen, o Arjuna, und wirbelt sie durch seine unheimliche Kraft umher, als wären sie an ein karusellähnliches Universum montiert. Suche bei Ihm allein Zuflucht mit deinem ganzen Sein. Nur durch Seine Gnade wirst du diesen höchsten Frieden, die ewige Wohnstatt erlangen.«



Verweise auf »Gespräche mit Ramana Maharshi«



Talks with Sri Ramana Maharshi. - Sri Ramanasramam
gedruckt oder als kostenloser Download:
http://www.sriramanamaharshi.org/bookstall/downloadbooks.html

Aus Gespräch 112 (17.12.1935): über den Intellekt:


Der Engländer [Paul Brunton] erwähnte gelegentlich, dass es in vorgeschichtlicher Zeit zwar Spiritualität, aber keinen großen Intellekt gegeben habe. Dieser habe sich erst später entwickelt.
Sri Bhagavan wies darauf hin, dass es der Intellekt sei, der die Frage »Wessen Intellekt?« stelle. Die Antwort heiße: »Der Intellekt des Selbst«. Also ist der Intellekt ein Werkzeug des Selbst. Das Selbst nutzt den Intellekt, um die Vielfalt zu bemessen. Der Intellekt ist weder das Selbst noch vom Selbst getrennt. Nur das Selbst ist ewig. Der Intellekt ist lediglich eine Erscheinungsform. Die Leute sind der Ansicht, dass die Entwicklung der Daseinsformen die Entwicklung des Intellekts hervorgebracht hätte. Aber der Intellekt war schon immer da. Der Schöpfer schafft heute wie früher. Betrachte täglich deinen eigenen Zustand. Im traumlosen Schlaf gibt es keinen Intellekt, aber jetzt. Das kleine Kind besitzt keinen Intellekt. Er entwickelt sich erst mit den Jahren. Wie könnte der Intellekt sich zeigen, ohne dass sein Same im Tiefschlaf und im Kind vorhanden wäre? Warum muss man diese grundlegende Tatsache erst aus der Geschichte lernen? Der Wahrheitsgrad der Geschichte entspricht lediglich dem Wahrheitsgrad des Individuums.



Aus Gespräch 319 (7.1.1937): über den Gleichmut:

Frager: »[In der Bhagavad Gita] steht: ›Yoga ist Gleichmut.‹ Was ist mit diesem Gleichmut gemeint?«
Maharshi: »Einheit in der Vielfalt. Das Universum wird jetzt für vielfältig gehalten. Betrachte das Gemeinsame in allen Dingen! Wenn du das tust, folgt daraus natürlicherweise das Empfinden der Gleichheit in den Gegensätzen. Das ist üblicherweise damit gemeint, wenn von ›Gleichmut‹ gesprochen wird.«

1Krishna gilt als der Vernichter des Dämons Madhu (hier im Sinn von Vernichter der Unwissenheit)
2i.e. Arujuna
3ein abgegrenzter Bereich, der Körper, die Materie
4Gunas: die drei grundlegenden Neigungen: Reinheit, Leidenschaftlichkeit und Trägheit

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